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Tag Archives: Observation

Am 3.2.2012 ab 21 Uhr gibt es eine Vorführung der von Graue Welle Rhein produzierten Observationsberichte und Informationsvideos ausgewählt und eingeleitet von LARS.

Anzusehen ist das Ganze im Institut für vergleichende Irrelevanz [IvI], Kettenhofweg 130 Frankfurt am Main.

Unterhaltung für den schwitzigen Abend mit einem Glas Whisky auf Eis in der Hand.

Direkt vom neuen Graue Welle Rhein Blog

Observationsbericht Teil 3

April 30, 2010 von ernsthabros

Hier nun der dritte Teil der Observationsreihe, die vor längerer Zeit auf HugoM.’s Blog ihren Anfang nahm.

Ernst Habros war wieder im Auftrag von Graue Welle Rhein unterwegs und hat Ungesehenes beobachtet.

Dieses Mal mit musikalischer Untermahlung von Dr. Schreck.

Ein Vorwort von Ernst Habros:
Nachdem ich schon den letzten Reisebericht eher mediokre fand, habe ich diesen gar nicht erst gelesen, weil zu lang. Ohne Kommentar hier also Teil 3: „Condominium“
Nach einer Woche in der großen Stadt, war es an der Zeit mein nächstes Ziel anzusteuern.
Zwei Stunden Fahrt mit dem Taxi, übers Land, alles verpennt, Ankunft am späten Nachmittag. Mein Fahrer erklärt dem Sicherheitsmann am Tor, wen er auf der Rückbank sitzen hat. Mit einem freundlichen „Ja, ja.“ Wird er durch gewunken. Am Eingang zum Penthouse werden meine Tauschen ausgeladen, man bittet mich zur Rezeption. Mein Pass wird verlangt, eine reine Formalität wird mir versichert, nur für die Unterlagen. Ich lächle, gebe ihr einen selbstgefälschten Schülerausweis, was sie nicht zu stören scheint. Ab jetzt bin ich unter dem Namen Rainer Federloch unterwegs. Sie geht weg. Stille. Aus der Ferne höre ich das Meer. Das stoische Rattern eines Kopierers. Ich schwitze in mein Hemd. Fünf Minuten später taucht, lächelnd, die Dame von der Rezeption wieder auf. Wie lange ich gedenke zu bleiben. Bis ich hier alles erledigt habe oder mein Visum ausläuft. Sie nickt. Ich schleife mein Gepäck in den Fahrstuhl. Schweiß. Endlich in meinem Stockwerk angekommen, schleppe ich mein Zeug den Flur entlang, bis ich bemerke, daß mein Kondominium sich am direkt neben dem Fahrstuhl befindet. Schleppe das Gepäck wieder zurück; Schweiß. Ich öffne die Tür, aus dem dunklen Raum schlägt mir warme Luft entgegen. Mehr Schweiß. Ich betrete die Dunkelheit, mache mich mit den Räumlichkeiten vertraut. Stelle meine Sachen ins Schlafzimmer, werfe alle Klimaanlagen an. Reiße die Vorhänge auf. Dämmerlicht durchflutet die Zimmer. Öffne die Tür zum Balkon. Mehr Hitze.
Ich beschließe auf dem Balkon eine Zigarette zu rauchen. Ihre Inhaltsstoffe durchfluten meinen Körper, der leichte Schwindel reißt mich aus meiner Lethargie. „Werde mich im Pool abkühlen.“ Zurück im Schlafzimmer, fiste ich meinen Rucksack und ziehe eine Badehose heraus. Dann das Hemd gegen einen alten Lappen von T-Shirt gewechselt.
Kleidung wechseln, eine Prise aus dem Mentholinhalator, das Zimmer verlassen. Der Glaslift bringt mich zum Poolbereich, direkt am Meer gelegen. Nur die gelegentliche Meeresbrise verstört das ansonsten glatte Wasser des Schwimmbeckens. Kein Mensch in Sicht. Ich tauche ein. Aus dem Nichts taucht ein Sicherheitsmann auf, der mich in Englisch und seiner eigenen Sprache darauf hinweist, daß das Schwimmen um diese Uhrzeit nicht erlaubt sei. Ich quäle mich aus dem erfrischenden Nass. Frage ihn, in meiner einfachen Variante seiner Sprache, wo hier ein kühles Bier zu bekommen sei, erfrischen von innen. Er nennt mir den Namen einer lokalen Bar. Ich werfe einen Blick zur untergehenden Sonne, sie trocknet meinen nassen Körper. Ich ziehe mein T-Shirt wieder an. Zeit für Bier, nicht einmal heute Morgen eins gehabt. Ich verlasse das Gelände des Penthouses. Immer noch in meiner Terroristen/Touristenuniform; Badehose, T-Shirt. Winke ein Motorrad-Taxi herbei. Wilde Fahrt durch das Straßengewirr. Vor der Bar steige ich ab. Zahle. In der Bar besteige ich einen Hocker. Bestelle Bier und scharfen Salat, laab, mit Huhn, gai. Das Bier zeigt nicht die gewünschte Wirkung. Die Seeluft. Steige um auf Whisky. Nüng Song Sam. 1,2 3. Mit Soda und Lipovitan.
Nach einer halben Flasche komme ich mit einem Landsmann ins Gespräch. Verbringt das ganze Jahr hier. Deitschland ist zu langweilig. Hier ist immer was los, vor 6 Uhr morgens geht er nicht ins Bett. Lebt mit 10 katoeys zusammen. Er, begnadeter Gitarrenspieler. Er nimmt sich die Gitarre, die an der Wand der Bar hängt, spielt Lieder, die vor Traurigkeit, gebrochenen Herzen erzählen, wahrer Künstler. Seiner Begleitung hängt eine gemachte Brust aus dem viel zu kleinen Oberteil. Ich schaue nicht weg. Verliere mich in seinen Liedern. Wir bestellen eine weitere Flasche.
Wie ich zurück zum Penthouse gekommen bin – keine Erinnerung. Das Kondo gleicht einem Schlachtfeld. Kotze neben meinem Kopf. Erinnerungsfetzen: ich habe getanzt, geschrien, unüblich viel; kein Ende, wie immer. Jetzt bestehe ich nur noch aus Schuldgefühlen und dem sauren Geschmack von Erbrochenem. Dieser Zustand vermittelt Heimatgefühle, seit langem. Ich dusche, schrubbe getrocknete Kotze von meinem Leib. Es geht zu schlecht um weiter zu schlafen. Aus den Boxen der Anlage dröhnt immer noch Musik, ich schalte das Geplärre ab. Voller Saufschuldgefühle begebe ich mich wieder zum Glasfahrstuhl. Drücke die Taste. Die Tür öffnet sich. Dahinter eine alte Dame mit einer Schüssel voller Gurken. Sie lächelt milde. Sagt „Guten Tag“. Ich erwidere den Gruß. „Möchten sie eine? Selbst eingelegt. Kriegt man hier ja nicht.“ Ich bedanke mich artig, greife zu. Köstlich, das beste Frühstück aller Zeiten, denke ich. Tränen, versteckt hinter der Sonnenbrille. Warum immer Abschuss? Wer weiß! Habe mich schon zu lange aus dem Kreis gesellschaftlich nützlicher Elemente verabschiedet. Nie Kontrollverlust, beabsichtigte Revolte? Fange mich wieder. Unten angekommen entsteige ich dem Fahrstuhl, frage die Gurkenfrau nach der Uhrzeit, kein Zeitgefühl seit Wochen, 9 Uhr morgens, ich staune.
Am Pool eine illustre Versammlung von Sonnenanbetern. Ich fische in den Taschen meiner Badehose, der Mentholinhalator schenkt mir frische Luft, befreit kurz vom Kotzgeruch in meiner Nase, mehrere tiefe Züge. Die alte Dame lächelt wieder, verabschiedet sich. Ich nehme einen der Liegestühle ein, neben mir ein dickbäuchiger Herr, Zigarrenraucher. Er schenkt mir zehn Minuten Akklimationszeit, dann stellt er sich vor. Franzose, hätte mit ihm die letzte Nacht Portwein getrunken, ich tue so als erinnere ich mich. Schweigen. Er scheint mich zu mögen, unterhält sich mit mir in Englisch. Bietet Zigarre an, ich lehne ab. Er: „I have something you will like better.“ Er greift in seine Sporttasche neben sich, holt zwei Gläser und eine Flasche hervor. Pastis. Er schenkt ein, Wasser verfärbt die Flüssigkeit milchig. Wenigstens Schnaps denke ich. Wieder Wellen der Übelkeit. Das Meer rauscht. Er stellt mir die Personen am Pool vor. Die deutsche Gurkenfrau, Millionärin, dank ihrer Sparsamkeit. Der dicke Schweizer, der sich selbst „Mr. Skinny“ nennt, immer mit einer Prostituierten anzutreffen. Der Holländer, der in allen Sprachen der Welt kommuniziert, nickt meinem Stuhlnachbar zu, tauscht ein paar Floskeln Französisch mit ihm aus. Fernab ein alter Engländer, der laut dem Franzosen, nicht viel mit den anderen Bewohnern zu tun haben will- er rümpft die Nase „typisch diese Engländer“; wohnt auf demselben Stock wie mein Pastistrinkender Freund, der ihn schon mit jungen Männern in der Wohnung verschwinden, gesehen haben will. Ich gebe ihm zu verstehen, daß mich derlei Spekulationen nicht sonderlich interessieren.
„Einen gibt es noch für den sie sich sicher interessieren werden!“, raunt er mir zu. „Auf ihrem Stockwerk wohnt ein Chinese, hat vor seiner Tür Lampions aufgehängt, die Geister abhalten sollen. Verlässt wohl nie seine Wohnung. Kocht wohl darin.“, „schrecklicher Gestank wenn man an seiner Tür vorbeikommt.“. „Können sie sich das vorstellen, der Banause kocht, hier, die besten Küchen der Welt vor seiner Nase!“. Wir schweigen wieder. Ich blicke hoch zur Sonne, die mir die letzten Reste Flüssigkeit aus meinem Körper treibt. Schlaf legt sein dunkles Tuch über mich. Buschkoffer fliegt in meinem Traum mit seinem Aktenkoffer durch einen Raum voll altem Gerümpel, der wie sich herausstellt mein Gehirn ist. Ich wache auf als es längst schon dunkel ist. Ich bin allein, mühsam der Weg zurück zum Zimmer, wo ich vor dem TV-Apparat, während eines Polizei-Actionfilms in Landessprache, der schamlos die Titelmelodie eines bekannten Abenteuerfilms einsetzt, abermals einschlafe, oder entschlafe? Wer kennt schon den Unterschied.
Das Klingeln des Telefons reißt mich am späten Vormittag aus dem Schlaf. Ich nehme den Hörer ab. Einer der Auftraggeber am Apparat. Ob es bereits Erkenntnisse gäbe? „Ich mache Fortschritte.“, lautet meine Antwort, auch wenn ich bisher nicht einmal begonnen habe mit den Nachforschungen.“Gut, faxen sie ihre Unterlagen an unser Büro!“. Ich lüge, daß das Faxgerät momentan beschädigt sei, der Techniker erst in 3 Tagen käme. Der Mann am anderen Ende der Leitung grunzt, unbefriedigt mit meiner Antwort, ins Telefon:“Dann eben so schnell wie möglich!“, dann hängt er den Hörer auf.
Durch den Anruf wachgerüttelt und an den eigentlichen Grund meines Aufenthalts erinnert, ziehe ich mich eilig an, lasse mich mit dem Moto-Taxi zum nächsten Supermarkt bringen. Im Supermarkt eiligst ein halbes dutzend großer Biere gekauft, Toastbrot und Schinken, etwas Industriekäse, eine Tüte Käseknabbereien. Dann mit dem, vor dem Markt wartenden Moto-Taxi zurück zum Penthouse. Dort zaubere ich mir ein Bier-Sandwich-Frühstück und mache mich an die Observierung des gegenüberliegenden Gebäudes. Eine Offshore-Gesellschaft hat dort, im Souterrain, ihren Sitz, das Ziel meines Auftrags. Im Laufe der folgenden Stunden notiere ich wenn jemand das Gebäude betritt oder verlässt, trinke Bier gegen die Langeweile, rauche. Ein Typ, der alle 30 Minuten vor die Tür kommt um vier Zigaretten kurz nacheinander zu rauchen, fällt mir besonders auf. Kurz vor Sonnenuntergang, gegen 18 Uhr, schließt das Offshore-Büro. Zufrieden und leicht benebelt beende ich meinen anstrengenden Arbeitstag. Ich beschließe, daß ich mir eine Flasche Whisky verdient habe. Wieder im Supermarkt, treffe ich den Deutschen aus der Bar, der gerade dabei ist sich Kondome in großhandelsmengen zu kaufen. Grinsend begrüßt er mich. Wie es mir noch ergangen sei. Alles gut. Er stellt sich vor, Heinrich oder „Heini“, sagt er augenzwinkernd. Was meine Pläne für den Abend seien, bevor ich antworten kann, fragt er ob ich ihn in eine Transvestit-Show begleiten möchte, er habe eine Karte übrig. Ich nehme das Angebot, ohne lange nachzudenken, an. „Wunderbar, um halb neun komm ich mit dem Taxi zu deiner Unterkunft. Ich weiß ja wo du wohnst.“, Wirklich?! „Mach dich auf jede Menge Spaß gefasst!“. „Werd ich.“ Unsere Wege trennen sich, ich bezahle meinen Schnaps, er plaudert mit der Kassiererin.
Bevor ich mich dusche, mache ich mir einen Drink mit Soda, stürze ihn eilig hinunter. Die Dusche ist eine perfekte Ergänzung zu meinem Rausch, dann Fahrt zur Show. Heinrich macht Witze, die schönsten Frauen sind immer noch die Männer.
Vor dem Showpalast, der in der hiesigen Vorstellung von römischer Architektur gebaut ist und an Goldverzierungen und kitschigen Frauen- und Delfinstatuen kaum zu überbieten ist, treffen wir den Franzosen. Heinrich und er kennen sich begrüßen sich herzlich. Auch werde wie ein alter Freund begrüßt. Unbehagen. Das Gefühl etwas nicht mehr zu wissen. Wir schieben uns durch das Gedränge japanischer und europäischer Touristen in den Showroom. Plätze in der ersten Reihe, Ladyboys küssen uns auf die Wangen. Heinrich wechselt zweideutige Blicke mit einer von ihnen.
Die Show beginnt. Zweieinhalb Stunden wird ein Kitschglitzerbombastfeuerwerk der Extraklasse abgefeuert. Tänzerisch auf dem höchsten Niveau. Wer ist Mann, wer Frau?
Nach der Show will ich schon das Gebäude verlassen, da zieht mich Heinrich an meinem Hemdsärmel. „Mitkommen Hugo, wir gehen nach hinten zu den Künstlerinnen!“. Im Bereich hinter der Bühne herrscht hektische Betriebsamkeit. Von oberkörperfreien Männern werden wir zur Umkleide der beiden Stars der Show gebracht. Die eine sitzt breitbeinig, die andere mit den Beinen verkreuzt, auf ihren Hockern vor dem Schminkspiegel. In Sektkühlern steht Whisky bereit. Eine Nacht soll folgen, die klar macht warum diese Ladys zu den härtesten Kerlen zählen, die man in dieser Welt finden kann. Mein Glas wird ständig aufgefüllt, schmutzige Witze ausgetauscht, mein Lachen wandelt sich von hysterisch zu wahnhaft, die Hand einer Mannfrau im Schritt. Gegen 1 Uhr nachts verlassen wir den Showpalast. Besoffen winke ich ein Taxi herbei. Heini zieht mich weg, in einen Geländewagen. Am Steuer eines der Starlets, die mindestens die gleiche Menge Schnaps intus hat, aber dank Aufputschmitteln fahrtüchtig ist. Wir trinken weiter während der Fahrt, ich werfe leere Bierdosen aus dem Wagenfenster, brülle ihnen hinterher. Wir verlassen das Fahrzeug, daß unsere Fahrerin elegant, nach mehrmaligem Rammen eines anderen Wagen, vor einem grauen Gebäudekomplex einparkt. Filmriss. Plötzlich sind wir in einer Wohnung, Pfeifen und Schnapsgläser werden herumgereicht. Wieder Filmriss.
Ich wache nackt auf dem Boden liegend auf. Eine Kakerlake hat sich in meinen Bauchnabel verirrt. Ich ziehe Klamotten, die ich für meine halte, an und verlasse still die Wohnung. Vor der Mietskaserne brennt die Sonne ein Loch in meinen Schädel. In der Brusttasche des Hemdes finde ich eine Sonnenbrille, erst im Taxi bemerke ich, daß das Hemd nicht mir gehört. Mein Gehirn ist von den Geschehnissen der letzten Nacht belastet genug, keine Zeit für Gedanken über Diebstahl. In der Wohnung mache ich mich sofort an die Arbeit, keine Lust mich mit dem Erlebten auseinander zu setzen. Beschließe diesen Heinrich zukünftig zu meiden. Wieder taucht der Raucher auf. Ich mache einige Fotos von ihm. Als das Büro schließt lasse ich mich zu einem Internetcafe bringen und schicke die gemachten Bilder über die Datenautobahn an meine Auftraggeber. Fünf Minuten später wird mir per Telefon bestätigt, daß der Zigarettenmann wichtig sei. Am nächsten Abend soll ich ihm folgen und versuchen mit ihm ins Gespräch zu kommen. Mehr Informationen bekomme ich nicht. Der Rest des Abends verläuft langweilig. Ich schaue Zeichentrickfilme auf meinem Zimmer bis ich einschlafe. Nach einer Nacht auf der Couch, wieder nicht im Bett geschlafen, fühle ich mich äußerst verspannt und besuche als erstes ein Massagestudio. Die Masseuse stöhnt über meinen desolaten Zustand. Eine Stunde lang quält sie mich, danach rät sie mir, für mindestens 30 Minuten, jedes Körpergift, wie Alkohol, Nikotin oder Koffein, zu meiden. Mißmutig nicke ich. Ich gehe zurück zum Penthouse, unterwegs besorge ich mir noch mehrere Fläschchen mit Wachmachtinktur. Schlafe bis 16.30 Uhr. Nachdem Aufstehen gehe ich eine Mahlzeit am Strand einnehmen. Gegenüber sitzen Landsmänner, denen ich nach längerem Zuhören am Liebsten das stumpfe Schnitzelmesser in den Hals rammen würde. Der Gesprächsinhalt ist egal, es geht nur um ihre häßlichen Fratzen und den widerlichen Klang ihrer Stimmen. Ich bin ein schlechter Mensch, in einem Land, in dem Freude über alles geht. Nach dem Essen postiere ich mich, rauchend, vor dem Offshore-Büro. Mein Mann verlässt das Gebäude, pünktlich um 18 Uhr. Er durchsucht seine Taschen nach Zigaretten, kein Erfolg, meine Chance: ich biete ihm eine von meinen an. Er betrachtet abschätzig meine Marke, die Sucht gewinnt, er greift zu. Er murmelt ein „Thank you.“. In sehr gutem Englisch, aber mit unüberhörbarem osteuropäischem Akzent, fragt er, ob er mir ein Bier spendieren kann, für die freundliche Geste. Ich bejahe, alles läuft nach Plan, glücklicherweise. In einer Bar, mit Jazzband, nehmen wir unser kühles Getränk ein. Die Herkunft wird ausgetauscht. Er Kasache, ich Deutscher. „That’s good. You know I don’t like Americans.“. Über ein paar Bier tauschen wir Gedanken zu Geldgier, Immobilienpreise in Moskau, die Franzosen und ihre geringen Fremdsprachkenntnisse und Russen, die versuchen jedem Russisch beizubringen aus. Da sind selbst unsere Gastgeber, hier, besser, die lernen jede Sprache wenn es Geld verspricht. Irgendwann, fragt der Kasache, ob ich Lust hätte, mit ihm, auf eine Angeltour zu gehen. Am Sonntag, seinem einzigen freien Tag, der Tag nach diesem. Selbstverständlich. Ich bin erfreut über diese Wendung, mehr Zeit ihn auszuhorchen. Ich spendiere Kräuterschnaps. Danach gehen wir getrennte Wege, jeder zu seiner Unterkunft zurück. Ich lege mich sofort ins Bett, schließlich geht es morgen früh los. Doch das Gekläffe der Straßenköter hält mich bis um 5 Uhr wach. Ich schlafe zwei Stunden, dann aufstehen, aufputschen mit den Tinkturen aus den Fläschchen, anziehen, warten auf den Minibus, der uns zum Hafen bringen soll. Er kommt eine Stunde zu spät. Ich verfluche es ausnahmsweise pünktlich zu sein. Im Minibus sitzt der Kasache, schlecht gelaunt, mit dicken Augenringen, spricht kein Wort. Fünf weitere Personen müssen noch abgeholt werden. Als ihm auch vor dem dritten Hotel das Rauchen vom Fahrer verwehrt wird, mit Hinweis auf unsere Verspätung, platzt im der Kragen. Fluchend reißt er das Fenster auf, raucht in langen Zügen, in kürzester Zeit, seine Zigarette auf. Inzwischen ist der Bus gefüllt mit drei Russen, dem Kasachen und mir. Wir steuern das letzte Hotel an. Die Russen schlafen. Vorbei an Wachmännern fahren in eine riesige Hotelanlage mit angeschloßenem Golfplatz. Vor der Rezeption warten zwei dicke Russen, mit Schnurrbärten, in Trägerhemden und knappen Badehosen. Sie trinken aus einer 2 Liter Flasche Wein. Schwerfällig besteigen sie den Bus, begrüßen alle. Lautes Russisch füllt bald den Minibus, mein Kopf dröhnt, ich verstehe nur „Vodka, Whisky, Bier“. Gelächter. Auch der Kasache mischt mit. Als wir das Hafengelände erreichen werden die Russen unruhig. Einer von ihnen, wohl der einzige, der des Englischen mächtig ist, schreit zum Fahrer: „Stop here!“. Der Fahrer dreht sich um, schaut hilflos drein, „Why?“. „We want to buy beer!“, schallt es ihm entgegen. Der Fahrer beruhigt uns: „There is beer on the boat.“. Zufrieden lachen die Russen. Wir müssen über drei andere Boote, bevor wir auf unserem sind. Hinter uns schwankt ein schmaler, kleiner Mann, mit zwei zusätzlichen Paletten Bier. Niemand will riskieren, daß die Russen dursten müssen. Erst auf See klärt der Kasache die Anderen auf, warum ich so still bin. Als klar ist, daß ich kein Russisch, außer „Nastrowje“, kann, werde ich mit einem fröhlichen „Achtung, Achtung, Hitler kaputt.“ begrüßt. Wir lachen. Noch bevor wir die Stelle zum Angeln erreicht haben, ist die Flasche Wein geleert und eine Palette Bier vernichtet.
Der Motor verstummt, das Boot schaukelt still auf dem Wasser, die Crew bereitet die Angeln vor, verteilt sie an uns, jeder bekommt eine Schüssel mit kleingehacktem Tintenfisch als Köder. Ich stelle mich zum Kasachen und werfe meine Angel aus. Stille, dann wird der erste Fisch aus dem Meer gezogen, Jubel an Bord. Bald hat jeder von uns einige Fische gefangen, die Anspannung weicht. Der Kasache fragt was mich hierher verschlagen hat. „Entspannung.“. Ich stelle die gleiche Frage. Er sei im Werkzeug Im-und Export, liefere es direkt an die Handwerker. Ich glaube ihm kein Wort, vielleicht Waffen? Unser Gespräch wird von Freudenrufen unterbrochen, einer der Russen in Badehosen hat einen besonders dicken Fisch gefangen. So geht der Vormittag vorbei; wir angeln, rauchen, trinken Bier. Als wir genug Fisch für eine ordentliche Mahlzeit gefangen haben, wirft der Kapitän den Motor wieder an. Während der Fahrt essen wir den köstlichen Fisch mit Reis und Gemüse. Nach dem Essen, stoppt das Boot wieder, Zeit um Schwimmen zu gehen. Alle nehmen eine Abkühlung. Der Kasache schwimmt nur kurz, um dann wieder zurück auf das Boot zu klettern. Rauchend legt er sich auf das Sonnendeck. Ich folge seinem Beispiel, möchte mehr von ihm wissen. Doch als ich oben bin, sagt er: „Jetzt sag endlich warum du mich die ganze Zeit beobachtest.“. Ich spiele ahnungslos. „Du Idiot, glaubst du ich habe dich nicht gesehen, wie du aus deinem Zimmer alles überwacht hast, Amateur! Arbeitest du mit dem Chinesen zusammen?“. „Was für ein Chinese?“, ich bin verwirrt, habe dieses mal wirklich keine Ahnung von was er spricht. „Lüg mich nicht an, er wohnt auch auf deinem Stockwerk, der Volltrottel ist noch schlimmer als du, beobachtet 24 Stunden lang das Gebäude, rührt sich nicht vom Fleck. Ich kenne Ratten wie dich, also spiel mir nichts vor!“. Ich versichere ihm, daß der Chinese nicht zu mir gehört, erzähle ihm alles was mir der Franzose über ihn gesteckt hat. Angstschweiß. Eine Nummer zu groß für mich, wollte doch nur etwas Geld für Schnaps verdienen und dabei die Sonne genießen. Er scheint mir zu glauben, sieht es mir an, daß ich kein Profi bin. Kleinlaut frage ich ihn was wir nun tun sollen. „Du lässt dir nichts anmerken, wenn die anderen zurück aus dem Wasser sind. Später fahren zu deinem Penthouse und du händigst mir alle deine Unterlagen über meine Unternehmung aus. Alle! Verstanden! Dann will ich nie wieder was von dir hören oder sehen!“. Er braucht meine Zustimmung nicht. Den Rest der Angelfahrt schweigen wir. Er beobachtet jede meiner Bewegungen. Zu groß meine Angst um irgendwas zu tun, kein Angeln mehr. Zitternd nippe ich an meinen Bieren, um die Nerven zu beruhigen. Mit einem Kleinbus fahren wir zurück zum Penthouse. In meiner Wohnung gebe ich ihm alle Dokumente. „Die Uxxxx-Agentur, hätte ich mir denken können.“, murmelt er, als er meine Auftragspapiere durchsieht. Ich frage den Kasachen ob nun alles in Ordnung sei, verspreche so schnell wie möglich das Land zu verlassen. „Nicht ganz, wir statten jetzt noch dem Chinesen einen Besuch ab! Ich will sicher gehen, daß ihr nicht zusammen gehört. Du gehst vor. Zeig mir wo er wohnt!“. Wir gehen den halbdunklen Gang entlang., bis zu Wohnung mit den Lampions, der Gestank ist kaum zu ertragen, ich ziehe am Mentholinalator. Wild klopft der Vielraucher an die Tür:“Open the door, asshole!“ Keine Antwort. Er dreht sich zu mir um, ob ich ihn gewarnt hätte, will er mit loderndem Blick wissen. Mein Magen beginnt sich zu verkrampfen, sprachlos vor lauter Angst. Wütend tritt er auf die Tür ein. Nach dem dritten Mal gibt sie nach. Eine Gestankwolke aus dem Zimmer, vermischt sich mit einer, mir entwichenen, Gaswolke und raubt uns den Atem. Nur durch einen kleinen Spalt zwischen den Vorhängen tritt Licht in das Zimmer. Der Kasache packt mich an der Schulter und stößt mich in den Raum. Ich huste, ziehe mir mein Hemd über Mund und Nase. Der Kasache folgt mir, Zigarette gegen den Gestank rauchend. Meine Augen gewöhnen sich an die Dunkelheit, im Zimmer herrscht Chaos, niemand zu sehen. Der Kasache macht sein Feuerzeug an, findet die Tür zum Schlafzimmer, öffnet sie. Mehr Gestank. Am Fenster des Schlafzimmers lehnt der Chinese, mit einem Messer im Genick, eine Blutlache unter ihm auf dem Boden. Ich bin dem Kasachen gefolgt, Schwindel überkommt mich bei dem Anblick. Der Kasache: „Scheiße, kein Wunder lässt der seine Augen nicht von mir.“. Dann ein hoher Schrei, beide drehen, wir uns in die Richtung, aus der er kam. In der Schlafzimmertür steht eine Putzfrau, aber nur kurz. Sie rennt davon. Der Kasache versucht erst gar nicht sie einzufangen, weiß über seine, durch das Rauchen, beschränkte Kondition bescheid. Mein Kopf ist leer. Kann mich nicht bewegen. Der Kasache gibt mir eine Ohrfeige. „Okay, sieht so aus, als würden wir beide in derselben Scheiße stecken. Pack Geld und ein paar Klamotten zusammen. In einer halben Stunde ist die Polizei hier und die Putzfrau wird denen alles erzählen was sie hören wollen. Wir müssen heute noch das Land verlassen!“. Mein Glück, daß ich nie mein Zeug auspacke, ich schnappe mir meinen Rucksack, hole den Fahrstuhl, der Kasache kommt rauchend hinzu. Wir rennen an der Rezeption vorbei. Der Sicherheitsmann am Eingang schaut uns verdutzt an. Wir nehmen das erstbeste Taxi vor dem Penthouse, ich wuchte meinen Rucksack auf den Beifahrersitz. Der Kasache gibt Anweisung sofort loszufahren. Als wir um die erste Kurve biegen, fragt uns der Fahrer nach unserem Ziel, „internationaler Flughafen“. Zuerst will er nicht fahren, ist ihm zu weit weg. Wir erklären, daß wir jeden Preis zahlen. Er lässt sich für das fünffache der üblichen Rate umstimmen. Während der Fahrt tätigt der Kasache, ständig rauchend, die Bitten des Fahrers, es zu unterlassen, ignorierend, mehrere Telefonate. Ich verstehe kein Wort. Zwei Stunden später, um 10 Uhr abends, hetzen wir durch das Flughafengebäude. Dank der guten Kontakte des Kasachen, und meiner letzten Bargeldreserven, beschränken sich die Sicherheitskontrollen auf ein Minimum. Bald laufen wir über das Rollfeld zu einer kleinen Passagiermaschine, die uns in ein benachbartes Land bringen wird.
Demnächst: Border Run

Meine Auftraggeber hatten mir klare Anweisungen gegeben, wie immer. Ich sollte fotographieren was mir auffällt, danach die Bilder zur Auswertung schicken. Weitere Aufträge würden folgen, bei Bedarf.
Die Karte stimmte genau. Nach einer holprigen Fahrt über Wald- und Feldwege war ich an meinem Bestimmungsort angelangt. Ich parkte den Wagen. Auf den ersten Blick war nichts besonderes zu erkennen. Doch ich war mit Sicherheit nicht ohne Grund hierher geschickt worden um heraus zu finden was hier vor sich geht.
Das Gelände war umzäunt, Unkraut und riesige Dornenhecken soweit das Auge reichte. Von irgendwoher meckerten Ziegen. Der Zaun stellte kein Hindernis für mich dar, als erfahrener Agent im Observations- und Beschaffungsmetier habe ich mein Werkzeug immer parat. Ich stieg durch die, im Zaun entstandene, Lücke und betrat das Gelände. Die Sonne versank hinter dem nahen Wald. Vorsichtig, jedes unnötige Geräusch vermeidend, bewegte ich mich vorwärts. Nach fünf Minuten Marsch kam ich zu einem Unterstand. Auf einem Tisch standen Tabakkartons und ein Aschenbecher, daneben ein Kasten Bier, leer. Im Aschenbecher lagen Zigarettenkippen. Mein fachmännischer Blick verriet mir, daß die Nacht zuvor hier noch jemand war. Ich setzte meine Erkundung fort. Ich kam an den Ziegenstall. Die Ziegen völlig ruhig, sie hatten mich nicht bemerkt. Direkt neben dem Stall kam ein Rohr aus dem Boden, toxisch riechender Dampf kam aus diesem. Ich machte ein Foto, dies würde sicher das Interesse meiner Mandanten wecken. Scheinbar befand sich unter der Erde ein Labor oder ähnliches. Ich streifte weiter durch das Areal, leere Holzfässer und alte Maschinen wurden eins mit der Natur und lösten sich in ihr auf. Ich suchte nach einer Falltür, die mich in die, unter der Erde gelegenen, Bereiche der Anlage bringen würde. Ein Geräteschuppen erregte meine Aufmerksamkeit. Ich ging darauf zu. Mit meinem Dietrich öffnete ich die Tür ohne größere Mühe. Ich betrat den Schuppen, beging jedoch einen amateurhaften Fehler, ich ließ die Tür sperrangelweit offen. Während ich nach einem Eingang zum unterirdischen Bereich suchte, bemerkte ich einen Schatten, der an dem Unterschlupf vorbeihuschte. Ich erstarrte. „Entdeckt!“ pulsierte es in meinem Kopf. Ich fing mich wieder, nur ein kühler Kopf würde mir aus dieser misslichen Lage helfen. Das meine Sinne mir einen Streich gespielt hatten war auszuschließen. Vorsichtig streckte ich meinen Schädel aus der Hütte. Ein Blick nach links: nichts. Als ich nach rechts blickte, sah ich einen Schäferhund, der wenige Meter vom Geräteschuppen in Hab-Acht-Stellung stand, völlig regungslos, ohne einen Laut, seinen Blick auf die Tür, beziehungsweise, mich gerichtet. Ich wußte ich saß in der Falle, alles was mir übrig blieb war die Tür des Schuppens zu schließen und zu hoffen, daß er mich nicht durch sein Bellen verraten würde. Auch wenn ich vor dem Hund erst einmal in Sicherheit war, suchte ich trotzdem nach einem Versteck innerhalb des Schuppens, damit mich eventuell auftauchende Wachleute nicht entdecken könnten. Ich ging ans Ende des Raumes und bemerkte daß wenn ich auf die Planken dort trat es hohl klang. Ich suchte kurz nach einem Gegenstand mit dem ich die Planken aus dem Boden hebeln konnte, an der Wand lehnte ein Eisenstück, das sich hervorragend dafür eignete. Kurze Zeit später hatte ich die Latten entfernt, der Eingang in den unterirdischen Bereich war gefunden. Ich kletterte die Leiter hinab, mein Körper angespannt, mein Hirn wachsam. Unten ein langer Tunnel, der in die Erde gegraben und mit Holzbalken abgestützt war. Langsam ging ich vorwärts. Nur mein Feuerzeug spendete mir Licht. Am Ende des Tunnels ein hoher Raum, mindestens 5 Meter hoch, 10 Meter breit. Im Raum war nichts anderes als ein riesiger Tisch auf dem Bunsenbrenner und Glaskolben, verschiedenster Größe, die durch Spiralen und andere Glasleitungen miteinander verbunden waren, standen. Eine merkwürdig aussehende Substanz brodelte vor sich hin. Ätzender Geruch lag in der Luft. Ich entdeckte das Rohr, daß den chemischen Dampf an die Oberwelt leitete. Ich machte mehrere Aufnahmen der Anlage und verschwand wieder Richtung Tunnel. Ich trat auf einen Gegenstand. Ich bückte mich danach und erkannte im Licht meines Feuerzeugs, daß es sich um einen Tierknochen handelte. Ich steckte ihn in meine Hosentasche. Oben angekommen öffnete ich leicht die Tür. Der Hund stand inzwischen noch näher zum Schuppen. Sofort kam mir der Knochen in den Sinn. Ich warf ihn über den Kopf des Hundes hinweg. Es klappte. Sein Jagdtrieb war geweckt. Er rannte hinter dem Knochen her, der im Gebüsch landete. Ich nutzte die Chance und floh in die entgegengesetzte Richtung zu meinem Wagen.
Zu Hause entwickelte ich die Aufnahmen in meinem Fotolabor. Ich warf den Umschlag mit den Bildern in einen Briefkasten. Das Ende eines erfolgreichen Tages im Observationsgeschäft.

Leider, muss ich sagen, hat die Qualität sehr stark gelitten. Musste aber sein auf Grund der strikten YT-Vorschriften. Das Bild ist sehr dunkel. Falls Nachfrage für das High-Quality Video besteht bitte bei den Kommentaren melden.